Hauptmenü

Tag des Artenschutzes (3.3.): Der Bitterling kämpft nach der Umweltkatastrophe im Nationalpark Unteres Odertal ums Überleben

- Erschienen am 01.03.2023

Criewen – Am 3. März macht der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Tag des Artenschutzes auf den Verlust von Arten durch menschliche Eingriffe und Veränderungen von Lebensräumen aufmerksam. Der Nationalpark Unteres Odertal zeichnet sich durch einen großen Artenreichtum aus mit alleine 46 Fisch- und Neunaugenarten. Dieser Schatz ist durch den laufenden Ausbau der Oder und die Folgen der Oderkatastrophe im Sommer 2022 akut bedroht. Besonders alarmierend ist die Situation des Bitterlings, eines Karpfenfisches: Nicht nur sein Bestand wurde massiv getroffen, sondern auch die für seine Fortpflanzung so wichtigen Großmuscheln sind überwiegend abgetötet worden.

Jedes Jahr am 3. März wird an die Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens aus dem Jahr 1973 in Washington erinnert und offiziell seit 2013 auf die Bedeutung wildlebender Tier- und Pflanzenarten für den Menschen aufmerksam gemacht. Im Mittelpunkt steht dabei der anhaltende globale Verlust der Artenvielfalt. Nicht selten ist dieser Verlust auf den Eingriff des Menschen und die Veränderungen der Lebensräume zurückzuführen. Welche dramatischen Auswirkungen das haben kann, hat sich bei der Oderkatastrophe 2022 für den Nationalpark Unteres Odertal gezeigt. Insbesondere aufgrund salzhaltiger Einleitungen kam es zu einer rasanten Vermehrung der sogenannten Brackwasseralge Prymnesium parvum, die ein für viele Fische und Weichtiere tödliches Gift produziert. Von diesem Fischsterben ist auch der Bitterling besonders betroffen.

Bitterlinge gehören zur großen Familie der karpfenartigen Fische, sind aber eher die Zwerge unter den teilweise recht großwüchsigen Fischen. Sie werden selten größer als acht Zentimeter. Ihren Lebensraum finden sie in flachen, stehenden oder langsam fließenden Gewässern mit Pflanzenwuchs und Muschelpopulationen – das alles bietet der einzige Auennationalpark Deutschland, der Nationalpark Unteres Odertal. Dort war die Population bis zum Frühjahr 2022 in einem mindestens sehr guten Erhaltungszustand und hat sich in den Poldergewässern und im Deichvorland erfolgreich vermehrt.

Seit der Oderkatastrophe im August 2022 haben sich die hydrologischen Bedingungen in den Gewässern des Nationalparks verändert. Neben dem Fischsterben sind auch zahlreiche Weichtiere wie Schnecken und Muscheln durch das von der Brackwasseralge produzierte Gift verendet. Bitterlinge brauchen jedoch Muscheln, um sich zu vermehren. Die im Nationalpark vorkommenden einheimischen Großmuscheln sind bevorzugte Brutmuscheln für die Karpfen. Die Weibchen legen ihre Eier in den Kiemen von Muscheln ab. Nach der Befruchtung durch männliche Bitterlinge wachsen die Jungfische dort sicher heran und verlassen diese erst, wenn sie schwimmfähig sind.

Nicht nur Bitterlinge brauchen die Muscheln zur Fortpflanzung, auch andersherum besteht eine Abhängigkeit: Muscheln nutzen die mobilen Fische, um ihre eigenen Larven zu verbreiten. Durch engen Kontakt zwischen beiden haften Muschellarven an den Bitterlingen und werden so wie durch ein Bus-Shuttle verbreitet.

Die für den Bitterling so lebenswichtigen Muscheln waren ursprünglich in der Oder in riesigen Muschelbänken vorhanden. Wie Untersuchungen zeigen, gibt es auch nach der Umweltkatastrophe vom Sommer 2022 noch einen Restbestand. Dieser könnte das Überleben des Bitterlings gewährleisten – vorausgesetzt, das Ökosystem der Oder erholt sich und bleibt unbeeinträchtigt und intakt. Sollten die Bedingungen in diesem Sommer erneut zu einer Vermehrung der Brackwasseralge und somit zu einem Absterben der Arten im Fluss führen, wäre auch der Bitterling erneut betroffen. Zudem besteht weiterhin die Gefahr, dass die Muschellebensräume durch den auf polnischer Seite bereits begonnenen Ausbau der Oder zerstört werden.