Baltische Störe zur Wiederansiedlung im Nationalpark Unteres Odertal ausgesetzt
BMUV-Staatssekretärin Rohleder und Brandenburgs Umweltminister Vogel mahnen zu sorgsamen Umgang mit dem Oder-Ökosystem
- Erschienen amCriewen – Die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Dr. Christiane Rohleder, hat heute gemeinsam mit Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel im Nationalpark Unteres Odertal Baltische Störe in der Oder ausgesetzt. Der Störbesatz, an dem sich auch Dirk Treichel, Leiter des Nationalparks, sowie der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jörg-Andreas Krüger, beteiligten, ist Teil eines Wiederansiedelungsprojekts, das vom Bund, den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Umweltorganisationen sowie Forschungseinrichtungen gemeinsam getragen und umgesetzt wird.
Umweltstaatssekretärin Dr. Christiane Rohleder:
„Nach den massiven Schädigungen durch die Umweltkatastrophe vom vergangenen Sommer sind Renaturierungsmaßnahmen wichtig, um das sensible Ökosystem der Oder wiederherzustellen und besser zu schützen. Das Wiederansiedlungsvorhaben des Störs in der Oder, getragen durch ein kompetentes Netzwerk von Naturschutz, Wissenschaft und Behörden, ist dabei ein Musterbeispiel, um die Artenvielfalt zu erhalten. Gleichzeitig leistet es einen wichtigen Beitrag, um die auf der Weltnaturkonferenz von Montreal beschlossenen Ziele zum Schutz der Natur zu erreichen. Ein solch anspruchsvolles Vorhaben braucht engagierte Unterstützung. Die Renaturierung des Ökosystems der Oder und seine Anpassung an die Folgen der Klimakrise muss daher konsequent vorangetrieben werden. Ein Fischsterben wie im vergangenen Jahr darf sich nicht wiederholen. Das Bundesumweltministerium wird sich hierfür weiterhin aktiv einsetzen und auch die Forschung und Naturschutzvorhaben an der Oder weiter unterstützen.“
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel:
„Das Ökosystem der Oder wird nach der Katastrophe im vergangenen Jahr wohl noch auf Jahre geschädigt sein. Dieses Ereignis muss uns eine Warnung sein, sorgsamer mit der Oder umzugehen. Um das Ökosystem nicht weiter zu strapazieren, braucht es eine Reduzierung der Salzfrachten, um eine erneute Katastrophe zu verhindern. Außerdem braucht es eine Überprüfung des Oderausbaus auch auf polnischer Seite. Nur so können wir auch dafür sorgen, dass das Wiederansiedelungsprojekt für den Baltischen Stör nachhaltig gelingt. Denn klar ist, dass es im Zuge der Erderwärmung auch in den kommenden Jahren zu Niedrigwassersituationen an der Oder und anderen Flüssen kommen wird.“
Seit 2005 werden jährlich Jungstöre mit einer Körpergröße von bis zu 18 Zentimetern und größer in die Oder gesetzt. Ziel des Projekts ist die Wiederansiedlung des Baltischen Störs, der durch Überfischung, Flussverschmutzung und -verbauung lange Zeit in der Oder ausgestorben war. Nach der starken Vermehrung einer toxischen Brackwasseralge in der Oder in Folge der überhöhten Salzeinlagerungen, wurde der Besatzjahrgang 2022 in der Aufzucht durch das Algengift getötet. In der Oder waren nur noch wenige Satzfische aus einem Frühjahrsbesatz vorhanden.
Seit 1996 gibt es Bestrebungen, Störe in Deutschland wieder anzusiedeln. Der Nationalpark Unteres Odertal, der die Bestrebungen zum Wiederansiedeln des Störs seit Mitte der 1990er Jahre begleitet, ist Bestandteil der engen institutionellen Zusammenarbeit mit NABU, der Gesellschaft zur Rettung des Störs (GRS), dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFAMV), dem Bundesamt für Naturschutz (BfN), dem WWF Ostseebüro, Rewilding Europe und weiteren Partnern aus dem gesamten Ostseegebiet.
Im Jahr 2010 erarbeitete das Bundesamt für Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) den nationalen Aktionsplan zur Wiederansiedelung des Störs. Ziel des Projektes ist, überlebensfähige Bestände in unseren Gewässern wieder zu etablieren und zu sichern. Der Nationalpark Unteres Odertal mit seinen naturnahen Überflutungsflächen in der Oderaue und seinem strengen Schutzstatus gilt seit Beginn des Projektes als besonderer Schwerpunktraum des Projektes.
Seit 2013 wird das Projekt vom NABU unterstützt. In der Teichwirtschaft des NABU-Zentrums Blumberger Mühle sowie in einem Fischereibetrieb in Friedrichsthal werden kontinuierlich zukünftige Elterntiere des Baltischen Störs für die Wiederbesiedlung der Oder herangezogen.
Hintergrundinformationen:
Der Stör zählt zu den anadromen Wanderfischen, das heißt er vermehrt sich im Süßwasser, wo er seine ersten Lebensjahre verbringt, bevor er ins Meer abwandert. Nach Erreichen der Geschlechtsreife zieht er aus dem Meer flussaufwärts zu den Laichgründen seiner Geburt zurück. Der Baltische Stör beispielsweise wandert von der Ostsee in die Flussgebiete Oder, Weichsel und Pregel. Die Oderkatastrophe im vergangenen Jahr hat den langsam wachsenden Bestand stark gefährdet. Unter den Tonnen toter Fische vieler Arten wurden auch größere Exemplare des baltischen Störs aufgefunden. Außerdem starben in den Zuchtcontainern Zehntausende bis zu drei Monate alte Jungfische, die für die weitere Aussetzung geplant waren. Um sie auf das Oderwasser zu prägen, werden die Aufzuchtbecken der Jungfische von Wasser aus dem Oder-Einzugsgebiet durchströmt. Da die Warnung zu spät erfolgte, konnten diese Jungfische nicht mehr gerettet werden. Die Zuchtstation in der Blumberger Mühle bei Angermünde war davon nicht betroffen. Dieser Bestand wurde heute in die Oder ausgesetzt.