Hohe Algenkonzentration in der Oder: Brandenburger Umweltressort berät Situation im Grenzfluss – Warnstufe 3 bleibt bestehen
- Erschienen amPotsdam – Seit einigen Tagen ist die Gesamtalgenentwicklung in der Oder sehr hoch. Die Ursache ist eine Massenentwicklung (Blüte) verschiedener Algenarten, die von Prymnesium parvum (Goldalge) dominiert wird. Im Jahr 2022 hatte diese Alge zu einem großen Fischsterben in der Oder geführt. Bislang wurden Berichten zufolge zunächst vereinzelt tote Fische gemeldet. Das Umweltministerium hat mit dem Landesamt für Umwelt zur Situation im deutsch-polnischen Grenzfluss beraten.
Der für das letzte Wochenende aufgrund steigender Wasserstände erwartete Verdünnungseffekt ist so nicht eingetreten. Trotz einer leichten Stabilisierung im Vergleich zum letzten Wochenende bleiben die Messwerte zur elektrischen Leitfähigkeit mit zirka 2000 Mikrosiemens pro Zentimeter sowie der Chlorophyllgehalt mit rund 250 Mikrogramm pro Liter sehr hoch. Die aktuelle meteorologische Situation hat sich durch hohe Abflusswerte in der Oder bisher begünstigend ausgewirkt, so dass die Auswirkungen bisher nicht mit denen im Jahr 2022 vergleichbar sind.
Am vergangenen Wochenende zeigte das Daphnien-Toximeter Frankfurt (Oder) sehr hohe Werte für die Toxizität an; die am Montag (10.6.) eingesetzten Daphnien (Wasserflöhe) zeigen bislang nur geringfügige Anzeichen von Stress. Dennoch kann keine Entwarnung gegeben werden. Die ausgegebene Gefährdungsstufe 3 bleibt bestehen. Bei dieser 3. von drei Stufen im Warnsystem zur Oder, das nach der Umweltkatastrophe 2022 eingeführt wurde, wird von einer Algenblüte durch Prymnesium parvum ausgegangen.
Das Landesamt für Umwelt führt das Monitoring fort. Es informiert die Landkreise, die Nationalparkverwaltung, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung und das Bundesumweltministerium fortlaufend über die Entwicklungen und berät zu Maßnahmen der Wassersteuerung.
Prymnesium parvum hat sich mittlerweile im gesamten Flusslauf einschließlich der Nebengewässer etabliert. Erschwerend für das Flusssystem kommt hinzu, dass die Algen fressenden „Filtrierer“ (Schnecken, Muscheln) aufgrund der Oder-Katastrophe von 2022 größtenteils noch fehlen und sich das Ökosystem noch nicht erholen konnte.
In einem vom Bund beauftragten Sonderforschungsprojekt untersucht das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin unter Einbeziehung des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow, unter welchen Bedingungen die anpassungsfähige und wandelbare Alge Prymnesium parvum das Toxin für Fische und andere Kiemenatmer in tödlichem Ausmaß produziert. Trotz offener Fragen sind sich alle Experten einig, dass das Ökosystem der Oder insgesamt wieder gestärkt werden muss.
Das Alarm- und Meldesystem wurde nach 2022 mit der polnischen Seite optimiert. Der Austausch von Daten und Informationen hat sich insgesamt seit der Oderkatastrophe 2022 und insbesondere unter der neuen polnischen Regierung deutlich verbessert. Die Experten des Brandenburger Landesamts für Umwelt und Vertreterinnen und Vertreter des Umwelt- und Klimaschutzministeriums haben den Kontakt mit den polnischen Fachleuten seit Mitte Mai 2024 aktuell intensivieren können –Nicht zuletzt hat die polnische Seite auf der Konferenz „Perspektiven der Renaturierung im internationalen Odereinzugsgebiet“ Ende Mai 2024 in Breslau versichert, dass das polnische Klima- und Umweltministerium alle verfügbaren Maßnahmen einsetzt, um die Möglichkeit einer giftigen Goldalgenblüte zu verringern. Das Brandenburger Ministerium hofft, dass nunmehr, die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die im Bericht der Europäischen Kommission zur EU-Analyse der Umweltkatastrophe in der Oder 2022 genannten Ursachen bezüglich der Salzeinleitungen adressiert und die skizzierten Maßnahmen weiter vorangebracht werden können, um die Vulnerabilität der Oder mindern zu können.