Hilfe für eine ökologisch wertvolle Reinigungskraft: Umweltminister Axel Vogel zum Auftakt des EU-Gewässerprojekts Bachmuschel der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg
- Erschienen amPotsdam – Die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg hat 2023 ihr Projekt „LIFE Bachmuschel“ gestartet. In elf Fließgewässern in den Landkreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Oberhavel, Dahme-Spreewald, Spree-Neiße, Oder-Spree und Oberspreewald-Lausitz sollen die Vorkommen der Muschel erhalten sowie deutlich vergrößert und damit die Gewässer sauberer werden. Hierfür fließen in den kommenden zehn Jahren mehr als acht Millionen Euro aus dem LIFE-Programm der Europäischen Union für Natur-, Arten- und Gewässerschutz nach Brandenburg. Dieses Großvorhaben der Stiftung NaturSchutzFonds ist das einzige deutsche LIFE-Projekt, das im vergangenen Jahr den Zuschlag für die Förderung durch die EU erhielt.
Zur Auftaktveranstaltung für das Projekt begrüßte Umweltminister Axel Vogel heute kommunale Akteurinnen und Akteure sowie Projektpartnerinnen und -partner im historischen Waisenhaus in Potsdam.
Umweltminister Axel Vogel:
„Die Bachmuschel ist von enormer ökologischer Bedeutung. Jedes einzelne Exemplar filtert pro Tag etwa 85 Liter Wasser und reinigt so Flüsse und Bäche. Wo sie vorkommt, sind unsere Fließgewässer weitgehend gesund. Etwas für die Bachmuschel zu tun, heißt also vor allem, etwas für unsere Gewässer zu tun.“ Die Bachmuschel sei damit zugleich Indikator und ein wichtiger Helfer für saubere Gewässer,
so Minister Vogel, der auch Vorsitzender des Stiftungsrates ist.
„In Zeiten von Hitze und Trockenheit müssen wir alles daransetzen, unsere Flüsse und Bäche für diese Perioden fit zu machen und jeden Tropfen Wasser, der auf märkischen Boden fällt, so lange wie möglich in unserer Landschaft zu halten. Dazu leistet das neue Projekt des NaturSchutzFonds einen wichtigen Beitrag.“
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Bachmuschel oder Gemeine Flussmuschel (Unio crassus) eine der häufigsten Muschelarten in Brandenburg und kam in nahezu allen Fließgewässern vor. Ihre Bestände waren in einigen Regionen so groß, dass sogar Hühner und Schweine damit gefüttert wurden. Heute ist die Bachmuschel deutschlandweit – auch in Brandenburg – vom Aussterben bedroht. Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig: So haben vor allem der Ausbau und die Begradigung von Gewässern mit der Beseitigung von Totholz, Wasserpflanzen und Ufergehölzen die Lebensräume und -bedingungen der Bachmuschel deutlich verändert. Weil Gewässerrandstreifen und Gehölze an vielen Flüssen und Bächen fehlen, gelangen nicht nur Sedimente, sondern auch Nährstoffe und Reste von Pflanzenschutzmitteln von den Feldern direkt in die Gewässer. Auch das Fehlen geeigneter Wirtsfische setzt den Muschelbeständen zu: Vor allem die Elritze und die Groppe spielen im komplexen Fortpflanzungszyklus der Mollusken eine lebenswichtige Rolle, da sich deren Larven als Parasiten an den Kiemen der Fische anheften und sich nur dort zur Muschel entwickeln können. Die in der Vergangenheit gebauten Wehre stellen vielerorts bis heute unüberwindbare Barrieren für die Fische und weitere Fließgewässerarten dar.
Projekt für den Gewässerschutz
Mit „LIFE Bachmuschel“ möchte die Stiftung NaturSchutzFonds die Populationen der Bachmuschel in elf Fließgewässern im Land Brandenburg erhalten und vergrößern. Schwerpunktgewässer des Projekts sind die Stepenitz, die Dosse und der Rhin, die Dahme und der Spreewald. Hier sollen geeignete Lebensräume sowohl für die Muscheln als auch für ihre Wirtsfische geschaffen werden. Dazu werden vor allem Kies und Totholz für mehr Strukturen und Dynamik in die Gewässer eingebaut sowie bei der Begradigung der Gewässer stillgelegte Altläufe wieder angeschlossen. In vielen Einzugsgebieten sollen zudem nicht mehr benötigte Entwässerungsgräben verschlossen werden. Die Pflanzung von Hecken und weiteren Ufergehölzen und die Anlage von Gewässerrandstreifen sollen zukünftig Sediment- und Nährstoffeinträge minimieren. Der Schatten der Gehölze verhindert überdies, dass sich das Wasser zu stark erwärmt.
Außerdem werden an einigen Stellen sogenannte Sandfänge in den Gewässern angelegt, um den Überschuss an Feinsedimenten wieder zu entnehmen zu können. Die jungen Bachmuscheln sind darauf angewiesen, dass die Gewässersohle gut durchströmt und dadurch mit Sauerstoff versorgt werden kann. Mächtige Sedimentablagerungen verhindern dies, wodurch der Bachmuschelnachwuchs und das Fortbestehen der Populationen gefährdet werden.
Brandenburg betritt Neuland
Stiftungs-Geschäftsführer Dr. Holger Rößling macht auf eine weitere Besonderheit von „LIFE Bachmuschel“ aufmerksam:
„In Fließgewässern, wo die Bachmuschel heute ausgestorben ist, werden wir sie wieder ansiedeln. Damit betreten wir in Brandenburg Neuland und wenden dafür bereits in Schweden bewährte Methoden an. Dabei werden wir auch den Wirtsfischen Groppe und Elritze helfen. Unser besonderer Dank gilt hierbei dem Landesanglerverband, der uns bereits bei der Antragstellung beraten hat und auch im Projekt unterstützen wird.“
Neben der Expertise der Angler hat sich die Stiftung zwei fachkundige Projektpartner mit ins Boot geholt, deren Wissen und Erfahrungen sehr wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung des Projektes sein werden. Mitarbeitende des Instituts für Binnenfischerei aus Potsdam-Sacrow sowie Muschel-Expertinnen vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart werden den NaturSchutzFonds Brandenburg über die gesamte Projektlaufzeit unterstützen. Zudem sind zahlreiche Gewässerunterhaltungs- und Fischereiverbände für das „LIFE Bachmuschel“-Team wichtige Partner vor Ort.
Millionenförderung von der EU
„LIFE Bachmuschel“ ist das mittlerweile fünfte Großprojekt, für das die Stiftung NaturSchutzFonds erfolgreich Fördermittel bei der Europäischen Union einwerben konnte und das einzige deutsche LIFE-Projekt, das im vergangenen Jahr den Zuschlag für die Förderung durch die EU erhalten hat.
Umweltminister Axel Vogel:
„Die Stiftung hat in den vergangenen Jahren mehr als 20 Millionen Euro EU-Gelder für den Natur- und Artenschutz nach Brandenburg geholt. Damit konnten unter anderem landesweit auf rund 1.300 Hektar Feuchtlebensräume wiederhergestellt werden. Hier schließt LIFE Bachmuschel nun an.“
Mit 8,7 Millionen Euro fördert die EU das aktuelle Artenschutzvorhaben der Stiftung, die ihrerseits bis zu vier Millionen Euro beisteuert. Die Projektmittel der Landesstiftung stammen aus den Ersatzzahlungen. Diese Zahlungen werden von den Verursachern von Eingriffen wie etwa bei der Versiegelung von Böden oder dem Bau einer Windenergieanlage geleistet, wenn die entstehenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft nicht vermieden oder durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden können. Die Stiftung verwaltet die Gelder treuhänderisch und sorgt durch ihre Arbeit dafür, dass die Mittel wieder in den Landkreisen und Naturräumen eingesetzt werden, in denen die Eingriffe verursacht wurden.