Jagdstatistik 2022/23: Jagdstrecken bei fast allen Wildarten rückläufig – hohes Niveau bleibt
- Erschienen amPotsdam – Bei fast allen Wildarten setzte sich die rückläufige Entwicklung der Jagdstrecken im Land Brandenburg auch im Jagdjahr 2022/23 weiter fort. Trotz dieses Rückgangs liegen die Jagdstrecken in Summe immer noch auf dem sehr hohen Niveau der 1990er Jahre.
Im Jagdjahr 2022/23 wurden im Land Brandenburg 48.772 Rehe erlegt (minus 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Während die Rehwildstrecke in den Landkreisen Oder-Spree, Oberspreewald-Lausitz, Dahme-Spreewald und Ostprignitz-Ruppin im Vergleich zum Vorjahr zwischen 18 und 21 Prozent abnahm, konnten im Havelland und in der Prignitz Zuwächse von 15 und 22 Prozent erreicht werden. Mit 6.936 Stück wurden die meisten Rehe erneut in der Uckermark erlegt. Beim Rotwild betrug die Jagdstrecke 6.662 Stück (minus 5 Prozent). Trotz eines Rückgangs um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wurde die höchste Rotwildstrecke mit 830 Stück im Landkreis Ostprignitz-Ruppin erzielt. Sowohl den größten prozentualen Rückgang (minus 29 Prozent) als auch die geringste Strecke (89 Stück) verzeichnete der Landkreis Potsdam-Mittelmark. Die größten Zuwächse erreichten Havelland (plus 25 Prozent) und Prignitz (plus 67 Prozent).
Beim Damwild meldeten die unteren Jagdbehörden eine Gesamtstrecke von 8.855 Stück (minus 14 Prozent). Bei dieser Wildart variieren die Streckenergebnisse zwischen den Landkreisen besonders stark. Trotz Rückgängen zwischen 11 und 18 Prozent wurden über 75 Prozent der Damwildstrecke in den Landkreisen Oberhavel, Uckermark und Potsdam-Mittelmark erzielt. Im Landkreis Dahme-Spreewald und Elbe-Elster kamen jeweils nur 9 Stück Damwild zur Strecke.
Beim Muffelwild kamen landesweit nur noch 60 Stück zur Strecke (minus 45 Prozent). Im dritten Jahr in Folge hat sich die Jagdstrecke damit jeweils annähernd halbiert. 29 der erlegten Tiere verzeichnete alleine der Landkreis Oberhavel. In acht Landkreisen und in den vier kreisfreien Städten Brandenburgs wurde im vergangenen Jagdjahr gar kein Muffelwild erlegt.
Nach den Allzeit-Streckenrekorden der Jagdjahre 2019/20 (102.456 Stück) und 2020/21 (90.306 Stück) ist auch beim Schwarzwild ein deutlicher Rückgang feststellbar. Nach 58.296 Stück im Jagdjahr 2021/22 sank die Strecke auf aktuell 45.550 Stück. Die meisten Wildschweine wurden im Landkreis Uckermark erlegt (5.984 Stück), die wenigsten im Landkreis Oder-Spree (2.159 Stück). Nur im Landkreis Prignitz kam in 2022/23 mehr Schwarzwild zur Strecke als im Vorjahr (plus 17 Prozent). Die Streckenentwicklung beim Schwarzwild muss im Zusammenhang mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) gesehen werden, die seit September 2020 insbesondere in den östlichen Landkreisen Brandenburgs auftritt. Vor diesem Hintergrund sind die Jägerinnen und Jäger bereits seit 2018 landesweit zur verstärkten Bejagung des Schwarzwildes angehalten. Durch die Nutzung von Nachtjagdtechnik und mit Saufängen konnte die Effektivität der Bejagung deutlich erhöht werden. Die Population soll möglichst soweit abgesenkt werden, dass die Infektionsketten unterbrochen und eine Tilgung der Seuche möglich werden. In den unmittelbar von der ASP betroffenen Gebieten soll das Schwarzwild sogar möglichst vollständig entnommen werden. Dabei unterstützen sowohl das Agrarministerium als auch das Veterinärwesen die brandenburgische Jägerschaft seit dem Jagdjahr 2018/19 mit verschiedenen Abschussprämien und Aufwandsentschädigungen.
Zur Einordnung dieser Entwicklungen ist ein Blick auf die Jagdstrecken der vergangenen Jahrzehnte hilfreich: Im Jahr 1973 betrug die Jahresjagdstrecke der wiederkäuenden Schalenwildarten (Rotwild, Damwild, Muffelwild, Rehwild) in Summe 27.457 Stück. Im Jagdjahr 2012/13 erreichte die Jagdstrecke dieser vier Arten in Summe mit 98.947 Stück ihren bisherigen Höchstwert. Damit war die Jagdstrecke innerhalb von 40 Jahren um 260 Prozent gestiegen. Zehn Jahre später, im Jagdjahr 2022/23, betrug die Jagdstrecke dieser Arten in Summe 64.349 Stück. Im Vergleich zu 2012/13 entspricht dies einem Rückgang um 35 Prozent. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Maßgeblich hängen die Jagdstrecken vom Engagement der Jägerinnen und Jäger ab, aber auch wetterbedingte Einflüsse wie lange Trocken- oder Regenperioden können Auswirkungen auf die Abschusszahlen haben. Um beim dringend notwendigen Waldumbau und der natürlichen Verjüngung der Wälder hin zu klimastabilen Mischwäldern weiter voranzukommen, müssen die Wildbestände weiter angepasst werden und das Engagement der Jägerinnen und Jäger darf nicht nachlassen. Ein gesunder und artenreicher Wildbestand braucht einen gesunden und artenreichen Lebensraum.
In den 25 Jahren zwischen 1990/91 und 2015/16 wurden beim Muffelwild noch durchschnittliche Jahresjagdstrecken von etwa 940 Stück erzielt. Der drastische Bestandsrückgang steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den zwischenzeitlich nach Brandenburg zurückgekehrten Wölfen. Die ursprünglich aus Korsika und Sardinien stammenden Wildschafe wurden in der Vergangenheit nicht nur in Brandenburg als „Jagdwild“ ausgesetzt. In Ermangelung von Felsen und Klippen, auf die sich die Wildschafe in ihrem angestammten Lebensraum durch eine kurze, schnelle Flucht vor Fressfeinden in Sicherheit bringen konnten, sind sie im Flachland leichte Beute für Wölfe. Auch wenn dazu keine konkreten Zahlen existieren können, so ist es naheliegend, dass der Wolf auch eine der Ursachen für die Streckenrückgänge bei den anderen Schalenwildarten ist.
Nach dem deutlichen Streckenrückgang im Jagdjahr 2021/22 (minus 20 Prozent) ist die Gesamtstrecke beim Raubwild im Vergleich zum Vorjahr im Wesentlichen konstant geblieben. Rückgänge bei Fuchs (18.714 Stück; minus 5 Prozent), Dachs (3.312 Stück; minus 6 Prozent), Steinmarder (850 Stück, minus 18 Prozent), Marderhund (3.316; minus 9 Prozent) und Mink (99 Stück; minus 20 Prozent) wurden dabei durch den Zuwachs beim Waschbär, der mit 31.810 Stück (plus 8 Prozent) inzwischen alleine 55 Prozent der gesamten Raubwildstrecke ausmacht, ausgeglichen.
Beim Niederwild ist in der Gesamtschau im achten Jagdjahr in Folge ein Streckenrückgang festzustellen. Bei den Enten wurden hauptsächlich Stockenten erlegt, insgesamt 3.342 Stück (minus 20 Prozent). Bei den Gänsen (2.760 Stück; minus 2 Prozent) sind die Jahresstrecken seit vier Jahren in Folge konstant. Erneut machten die Graugänse den größten Teil der Gänsestrecke aus. Beim Feldhasen ging die Strecke im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent auf 1.296 Stück zurück. Das Kaninchen spielt jagdlich in Brandenburg keine größere Rolle mehr: Seit 2009 sind die Strecken nur noch zweistellig und liegen durchschnittlich bei 59 Stück pro Jagdjahr (61 Stück in 2022/23). Bei den Ringeltauben beträgt die aktuelle Jagdstrecke 617 Stück, das sind 33 Prozent weniger als im Vorjahr. Seit dem Jahr 2000 beträgt der Streckenrückgang bei den Tauben sogar 87 Prozent. Mit einem Minus von 57 Prozent ist der Streckenrückgang auch beim Fasan seit der Jahrtausendwende hoch, 733 Stück wurden in 2022/23 erlegt. Bei den seit Juli 2019 in Brandenburg dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten Bisam und Nutria zeigte sich im vergangenen Jagdjahr eine gegenläufige Entwicklung der Jagdstrecke. Die 3.829 erlegten Nutrias bedeuten einen Streckenrückgang um 13 Prozent, beim Bisam stieg die Strecke erneut deutlich an – von 297 auf 761 Stück (plus 156 Prozent).
Streckenangaben im Land Brandenburg für das Jagdjahr 2022/2023
(inclusive Fallwild und Unfallwild)
Wildart |
Strecke [Stück] |
Rotwild |
6.662 (minus 5 Prozent) |
Damwild |
8.855 (minus 14 Prozent) |
Muffelwild |
60 (minus 45 Prozent) |
Rehwild |
48.772 (minus 7 Prozent) |
Schwarzwild |
45.550 (minus 50 Prozent) |
Feldhase |
1.296 (minus 19 Prozent) |
Kaninchen |
61 (plus 54 Prozent) |
Fasan |
733 (minus 57 Prozent) |
Enten (gesamt) |
3.342 (minus 20 Prozent) |
Gänse (gesamt) |
2.760 (minus 2 Prozent) |
Ringeltauben |
617 (minus 33 Prozent) |
Rotfuchs |
18.714 (minus 5 Prozent) |
Steinmarder |
850 (minus 18 Prozent) |
Dachs |
3.312 (minus 6 Prozent) |
Waschbär |
31.810 (plus 8 Prozent) |
Marderhund |
3.316 (minus 9 Prozent) |
Mink |
99 (minus 20 Prozent) |
Nutria |
3.829 (minus 13 Prozent) |
Bisam |
761 (plus 156 Prozent) |