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Landesregierung beschließt Moorschutzprogramm Brandenburg: Erstmals abgestimmter Handlungsrahmen für Klimaschutz und Landschaftswasserhaushalt auf Moorstandorten

- Erschienen am 14.03.2023

Pressemitteilung der Staatskanzlei Brandenburg - Zu den Ergebnissen der Kabinettsitzung teilt Regierungssprecher Florian Engels mit:

Mit dem heute vom Kabinett beschlossenen Moorschutzprogramm hat sich die Landesregierung auf das strategische Vorgehen beim Moorschutz in Brandenburg geeinigt. Damit liegt zum ersten Mal für alle Beteiligten eine abgestimmte Arbeitsgrundlage für alle weiteren Aktivitäten zum Moorschutz im Land vor. Im Programm werden Handlungsbedarf, Ziele und Grundsätze für die künftige Herangehensweise festgelegt. Die Landesregierung setzt damit den entsprechenden Landtagsbeschluss (DS 7/1122-B) um.

Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, sagte auf der anschließenden Pressekonferenz in der Staatskanzlei:

„Angesichts der großen Bedeutung des Moorschutzes für den Klimaschutz, aber auch für den Schutz der Natur, der Böden und der Gewässer haben wir heute mit der Verabschiedung des Moorschutzprogramms einen wichtigen Schritt getan. Wir brauchen das Umsteuern in allen treibhausgasemittierenden Bereichen, darunter auch im Bereich der Landnutzung, um bis 2045 klimaneutral zu werden. Ein Baustein ist der Schutz und die Wiederherstellung von Moorböden. Die Wasserstände auf landwirtschaftlich und forstlich genutzten Moorstandorten sollen so gestaltet werden, dass die aus den Mooren ausgestoßenen CO2-Mengen drastisch reduziert werden. Dazu arbeiten wir eng mit den Landnutzerinnen und Landnutzern sowie mit den Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümern zusammen – denn die Flächen sollen weiter bewirtschaftet werden und die regionale Wertschöpfung soll auch durch die Initiierung neuer Wertschöpfungsketten erhalten bleiben.“

Vogel weiter:

„Der Schutz von Moorböden ist ein Kernelement des natürlichen Klimaschutzes in Brandenburg. Nur mit einer deutlichen Verringerung der Treibhausgasemissionen aus den entwässerten Niedermooren kann das Land Brandenburg im Jahr 2045 klimaneutral werden. Das macht das gerade vorgelegte wissenschaftliche Gutachten Klimaplan deutlich: Die Emissionen aus den entwässerten Moorböden erreichen bereits heute die Dimension der Emissionen des gesamten Verkehrssektors in Brandenburg. Darum wird der Moorschutz auch im Brandenburger Klimaplan, den wir derzeit erarbeiten, eine zentrale Rolle spielen. Der Klimaplan wird klare Aussagen zu den zur Erreichung der Klimaneutralität erforderlichen Maßnahmen im Moorschutz treffen.“

Im Rahmen der Pressekonferenz wurden mehrere Produkte vorgestellt, die aus Moorbiomasse hergestellt wurden, darunter ein Stehpult. Dazu sagte Dr. Ralf Pecenka, Arbeitsgruppenleiter Verfahrenstechnik für Energiepflanzen am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB):

„Die klimaneutrale Bewirtschaftung von Moorböden kann in Zukunft nicht nur eine wichtige Einkommensquelle für die Landwirtschaft werden, sondern sich gleichzeitig zu einer wichtigen Rohstoffquelle für nachhaltige Produkte aus Brandenburg entwickeln. Richtig aufbereitet könnte Moorbiomasse in verschiedensten Produkten knapper werdende Holzfasern oder sogar Kunststoffe ersetzen. Beispiele hierfür sind plastikfreie Verpackungsmaterialien, Kartonagen oder Fasern für torffreie Pflanzerden. An diesen Entwicklungen arbeitet das ATB bereits gemeinsam mit Partnern aus der Industrie.“

Moore in Brandenburg

Brandenburg gehört mit Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bayern zu den moorreichsten Bundesländern. Von den insgesamt 1,8 Millionen Hektar Moorböden in Deutschland befinden sich rund 264.000 Hektar im Land Brandenburg. In der Vergangenheit wurden die Moore Brandenburgs in großem Umfang für landwirtschaftliche Zwecke entwässert; heute werden sie überwiegend als Grünland, Acker- und Forstflächen genutzt. Entwässerung und intensive Nutzung führen zu Moorbodenverlusten. Nur noch auf knapp 9.000 Hektar der brandenburgischen naturnahen Moorflächen kann Torfwachstum stattfinden. Weitere rund 14.400 Hektar Moorflächen sind noch nass genug, dass Torfe weitgehend erhalten bleiben.

Ziele und Inhalt des Moorschutzprogramms

Das Programm greift die Bund-Länder-Zielvereinbarung „Klimaschutz durch Moorbodenschutz“ (2021) sowie die im August 2022 vom Kabinett beschlossenen Brandenburger Klimaziele auf. Danach soll der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) soweit umgestellt werden, dass Änderungen in der Moorbewirtschaftung bis 2030 zur Reduktion der Emissionen im Umfang von mindestens 750.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) Äquivalenten beitragen können. Im Zeitraum 2030 bis 2040 können durch wiedervernässte Moore voraussichtlich knapp 3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und bis 2045 weitere 0,7 Millionen Tonnen eingespart werden. Damit wäre der Sektor LULUCF mit Wald und Landnutzungsänderungen in Summe wieder eine so starke Senke von Treibhausgasemissionen, dass die nicht vermeidbaren Emissionen des Landwirtschaft-Sektors vollständig ausgeglichen werden könnten.

Neben dem Klimaschutz stehen der Erhalt der biologischen Vielfalt und die Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes im Fokus. Die Landwirte und die Flächeneigentümer sollen vom Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch angepasste Nutzung profitieren.

Das Moorschutzprogramm informiert über die wasserwirtschaftlichen und wasserrechtlichen Grundlagen des Moorschutzes, gibt einen Überblick zu bereits ergriffenen Maßnahmen wie den Pilotprojekten sowie zu möglichen Förderinstrumenten. Bei der Erarbeitung wurden die Landnutzenden über den Kulturlandschaftsbeirat beteiligt, dessen Unterarbeitsgruppe Moorschutz auch in die Umsetzung eingebunden werden soll.

Die Flächeneigentümer und Flächennutzer werden durch eine umfangreiche Beratung, transparente Verfahren, freiwillige Vereinbarungen und Flurneuordnungsverfahren bei der Planung und Umsetzung von Moorschutzprojekten einbezogen. Flächenkauf soll nur im Ausnahmefall erfolgen. Das Land will als Vorbild vorangehen und zunächst insbesondere auf landeseigenen Flächen Vorhaben umsetzen. Ziel ist, dass eine standortangepasste Nutzung der wiedervernässten Moore auch künftig zur regionalen Wertschöpfung beiträgt.

Verwertung und regionale Wertschöpfung

Neben einer angepassten Grünlandnutzung, der Haltung beispielsweise von Wasserbüffeln auf Moorstandorten und der energetischen Nutzung der Biomasse aus klimaschonender Moorbewirtschaftung gibt es Ansätze zur weiteren Verwertung von Nasswiesenbiomasse – beispielsweise in der Verarbeitung zu Einblasdämmstoffen in der Bauindustrie und in Plattenwerkstoffen (unter anderem für Möbel), als Pellets zur Tiereinstreu oder als Pflanzerden.

Förderung

Das Agrar- und Klimaschutzministerium unterstützt bis einschließlich 2026 mit über 12 Millionen Euro den Aufbau von Verwertungsketten für Biomasse aus klimaschonender Moorbewirtschaftung und die entsprechende Bewirtschaftungstechnik. (Richtlinie „Investitionen in eine klimagerechte Landnutzung und Entwicklung von organischen Böden - Klima-/Moorschutz - investiv)

Über die Agrarumwelt- und Klimamaßnahme (AUKM) Moorschonende Stauhaltung werden brandenburgische Landwirtschaftsbetriebe bei der klima- und umweltgerechten Bewirtschaftung von Grün- beziehungsweise Ackerland gefördert.

Laufende Pilotprojekte

In zwei Pilotprojekten werden Erfahrungen für die Umsetzung des Moorschutzes gesammelt. Ein seit 2020 laufendes und mit 7,2 Millionen Euro ausgestattetes Klimamoor-Projekt bereitet durch hydrologische Untersuchungen, Probestaue, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, durch die Unterstützung beim Aufbau neuer Wertschöpfungsketten und auf der Basis betriebsspezifischer Analysen für einzelne Landwirtschaftsbetriebe das moorschonende Staumanagement in 20 Projektgebieten vor. Dazu hat die vom Landesamt für Umwelt beauftragte Arge Klimamoor im vergangen Jahr mehr als 140 Hofgespräche geführt und zehn große Informationsveranstaltungen organisiert.

Das am Landesamt für Umwelt verankerte und mit 9,1 Millionen Euro ausgestattete BLUMO-Bundespilotprojekt „Brandenburgs Luchgebiete klimaschonend bewahren - Initiierung einer moorerhaltenden Stauhaltung und Bewirtschaftung“ wird sich in den nächsten zehn Jahren praktisch mit der Verwertung unterschiedlicher Varianten von Biomasse aus nassen Mooren auseinandersetzen und weitergehende Bewirtschaftungslösungen und Verwertungsideen bis zur Marktreife entwickeln.

Regionalkonferenzen

Auf mehreren Regionalkonferenzen wird Minister Axel Vogel die Ziele und geplanten Schritte bei der Umsetzung des Moorschutzprogramms vorstellen und diskutieren. Neben Landwirten und Eigentümern richtet sich das Format auch an die Behörden vor Ort, regionale Akteure und Interessierte.

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