Rasant einsetzender Vorfrühling bringt die innere Uhr durcheinander und Kröten auf Trab
- Erschienen amPotsdam / Linum – Das aktuelle Frühlingswetter könnte zu einer sehr frühen Wanderung der Frösche, Molche und Kröten führen. Sobald die Nachttemperaturen über 5 Grad Celsius steigen, erwachen die Amphibien aus ihrer Winterruhe und treten die Wanderung zu den Fortpflanzungsgewässern an. Ihre innere Uhr, die sie vor einem zu frühen Start bewahrt, könnte durch die angekündigten frühlingshaften Temperaturen ordentlich durcheinandergebracht werden.
Der Wetterumschwung mit Frühlingstemperaturen bis zu 18 Grad Celsius könnte zu einem frühzeitigen Start der Amphibienwanderung führen. Im zeitigen Frühjahr wandern vor allem Erdkröten, Teich- und Kammmolche sowie Gras- und Moorfrösche zu ihren Laichgewässern und werden dabei von ihren Hormonen angetrieben. So richtig in Schwung kommt die Wanderung vor allem bei milder und regnerischer Witterung, vorzugsweise in den Abend- und frühen Nachtstunden ab Temperaturen über 5 Grad Celsius. In den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz wurden schon die ersten Amphibien an den Krötenzäunen gesichtet.
Auf ihrem Weg zu den Fortpflanzungsgewässern sind die Tiere vielen Gefahren ausgeliefert. Dabei stellt der Straßenverkehr eine besondere Gefahr dar. Bei ihrer teils Kilometer weiten Wanderung müssen sie Straßen oder Siedlungsgebiete queren. Statt vor einem herannahenden Fahrzeug zu fliehen, plustern sie sich geradezu auf, strecken zusätzlich ihre Arme durch, um sich größer zu machen und den Feind abzuschrecken. Gegen Kraftfahrzeuge hilft dies Abwehrverhalten nicht – ihrem Fortpflanzungstrieb folgend finden so alljährlich tausende Amphibien ein frühzeitiges Ende auf den Straßen.
Autofahrer sollten deshalb besonders aufmerksam sein – vor allem in Gebieten mit vielen Kleingewässern. Nur zum Teil sind Amphibienwechsel mit speziellen Krötenwarnschildern versehen. Eine umsichtige Fahrweise mit einer verminderten Geschwindigkeit von 30 Kilometer pro Stunde und das Umfahren von Strecken mit Krötenwechseln kann vielen Amphibien das Leben retten.
In Brandenburg gibt es 221 stationäre Kleintierbarrieren und sogenannte Krötentunnel. Darüber hinaus werden jedes Jahr bis zu 110 temporäre Krötenzaune aufgebaut und von freiwilligen Helferinnen und Helfern betreut. An den Zäunen sind auf der straßenabgewandten Seite Eimer eingegraben, in die die Tiere auf ihrer Wanderung entlang des Zaunes hineinfallen. Die Akteure bestimmen und zählen die Kröten, Frösche sowie Molche und tragen über die Straße. Von dort setzen die Tiere nach einer kurzen Orientierungspause ihre Wanderung zum Laichgewässer fort. Zusätzliche Unterstützung ist stets willkommen – es ist ein Erlebnis, einen großen Kammmolch mit seinem leuchtend orange-schwarz gefleckten Bauch oder blaue Moorfroschmännchen zu sehen.
Hin und wieder überdauern Amphibien den Winter in einem privaten Keller oder einem anderen frostsicheren Versteck, beispielsweise im Garten. Sofern die Tiere aus ihrem Versteck nicht wieder herausfinden, sollte man ihnen hierbei helfen. Auch Gartenteiche stellen eine Bereicherung für Frösche und Kröten dar, allerdings nur, wenn diese auch frei von Goldfisch und Co sind.
Nach der Wanderung sind die Gefahren noch nicht gebannt. Ein erneuter Umschwung zu winterlichen Temperaturen gefährdet die Eier und die Entwicklung der neuen Generation, da diese erfrieren könnten. Auch die Dürre der vergangenen Jahre und der niedrige Grundwasserspiegel in vielen Regionen haben die Laichgewässer nicht wieder auffüllen können. Die vergangenen sehr trockenen Sommer brachten weniger Amphibiennachwuchs. Umso wichtiger ist es, ihnen zumindest bei der Anreise an ihre Laichgewässer behilflich zu sein.
Hintergrund:
Amphibien gehören zu den weltweit am stärksten gefährdeten Wirbeltierarten, stellen ein wichtiges Bindeglied im Ökosystem dar und sind ein bedeutender Ökosystemdienstleister. Kaulquappen filtern Nahrungspartikel aus dem Wasser und vertilgen Unmengen an Mückenlarven, wobei sie gleichzeitig eine wichtige Nahrungsquelle für Libellen und Schwimmkäferlarven darstellen. Auch die erwachsenen Tiere verspeisen sehr viele Insekten und sind ein wichtiger Bestandteil des Nahrungsangebots für Vögel und Reptilien, womit sie zum Gleichgewicht unserer Umwelt beitragen, das die Grundlage für die Artenvielfalt bildet.
Die Naturschutzstation Rhinluch im Landesamt für Umwelt organisiert in Brandenburg ein landesweites Erfassungsprogramm zum Vorkommen von Amphibien und Reptilien. Hierfür ist jede Einzelbeobachtung interessant. Das Artenkataster ist die Grundlage für landesweite und regionale Schutzprogramme für gefährdete Amphibienarten. Auch Freiwillige, die den praktischen Amphibienschutz, zum Beispiel an den Krötenzäunen, unterstützen möchten, können sich in der Naturschutzstation melden: Naturschutzstation Rhinluch, 16833 Linum, Nauener Str. 68, E-Mail: norbert.schneeweiss@lfu.brandenburg.de