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Bundesrat berät über faire Erzeugerpreise – Agrarminister Axel Vogel fordert Besserstellung von Landwirten

- Erschienen am 12.02.2021

Potsdam – In seiner 1000. Sitzung hat der Deutsche Bundesrat heute über den Entwurf für das „Zweite Gesetze zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes“ debattiert. Dabei handelt es sich um die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Primärerzeugern und Lieferanten vor unlauteren Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittellieferkette in nationales Recht. Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel begrüßte in seiner heutigen Rede im Bundesratsplenum, dass die Bundesregierung mit dem Gesetz die Position der Landwirtschaft gegenüber den großen Handelsketten stärken möchte, mahnte zugleich aber weitere Schritte an.

Agrarminister Axel Vogel zur heutigen Debatte:

„Brandenburg hat im Agrarausschuss des Bundesrats wichtige Änderungen zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetz eingebracht. Erfreulich ist, dass einige Änderungen heute in der Abstimmung eine Mehrheit durch die Bundesländer erhalten haben. So stimmte der Bundesrat der Einschätzung des Ausschusses zu, dass zur Stärkung der Position von Erzeugerinnen und Erzeuger in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette weitergehende rechtliche Regelungen erforderlich sind sowie die Liste der unlauteren Handelspraktiken zu erweitern, um einseitige Auflagen, die auf einer Ausnutzung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen Käufern und Lieferanten beruhen, zu verbieten.

Diese bisher übliche Praxis zur Ausnutzung eines Machtgefälles führt dazu, dass viele Landwirtinnen und Landwirte in Brandenburg wie in ganz Europa nicht mehr von ihrer Arbeit und den erzeugten Produkten leben können.“

Brandenburg hatte deshalb den Antrag eingebracht, den Geltungsbereich im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu erweitern, um auch Verarbeitungsunternehmen als Hauptabnehmer von Primärprodukten für die Gestaltung fairer Lieferbeziehungen stärker in die Pflicht zu nehmen. Diesem Antrag stimmte der Bundesrat zu.

„Der Preisdruck des Einzelhandels wird über die Verarbeiter, wie Molkereien oder Großschlachtereien, bis zu den Bauern weitergegeben“, so Agrarminister Axel Vogel heute in seiner Rede. „Wir setzen uns deshalb dafür ein, die gerade bei Molkereien übliche Praxis der nachträglichen Festsetzung von Auszahlungspreisen zu verbieten. Noch immer liefern viele Milchbetriebe ihre Ware bei den Molkereien ab und erfahren den Preis erst hinterher.“

Laut Minister Axel Vogel bestehe außerdem die Möglichkeit, rechtlich festzusetzen, dass die Vertragsbeziehungen zwischen Milcherzeugerinnen und –erzeugern und den Molkereien verbindlich geregelt würden, zum Beispiel durch Einführung einer Vertragspflicht über Preise und Mengen vor der Lieferung der Milch.

„Das könnte das Preisrisiko der Milchbetriebe verringern“, so Axel Vogel.

Derzeit sind die Lieferbeziehungen im Agrar- und Lebensmittelbereich durch ein enormes Machtgefälle gekennzeichnet – im Lebensmitteleinzelhandel halten vier Konzerne einen Marktanteil von 85 Prozent. Am anderen, dem schwächeren Ende der Lieferkette stehen die Landwirtinnen und Landwirte und hier überwiegend kleine und mittlere Unternehmen.

„Dieses Machtgefälle ist eine zentrale Ursache unlauterer Handelspraktiken und eines unfairen Wettbewerbs“ so Axel Vogel in seiner Rede. „Dreh- und Angelpunkt des unfairen Wettbewerbs sind dabei die Niedrigpreise, die der Einzelhandel beispielsweise für Milchprodukte, Fleisch und Gemüse gegenüber Bauern, Verarbeitern und Lieferanten durchsetzt.“

Brandenburg hatte deshalb im Agrarausschuss des Bundesrats auch den Antrag eingebracht, eine Regelung aufzunehmen, mit der eine Preisbeobachtungs- und Beschwerdestelle eingeführt wird. Diese solle die Markttransparenz erhöhen und zu einer besseren Verteilung der Wertschöpfung entlang der Versorgungskette beitragen. Außerdem solle geprüft werden, inwiefern im Geltungsbereich des Gesetzes ein Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln unter dem Erzeugerpreis erlassen werden könne.

Minister Vogel bedauert, dass die Ländermehrheit im Bundesrat diesen Anträgen aus Brandenburg, wie auch dem Antrag auf die Vertragspflicht über die Preise und die Mengen vor der Lieferung von Milch, nicht zugestimmt hat.

„Mit dem Entwurf des zweiten Gesetzes zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes werden nicht mehr als längst überfällige erste Schritte unternommen“, so Axel Vogel in seiner Rede. „Aggressive Preispolitik und unlautere Handelspraktiken der großen Ketten treffen nicht irgendeine Branche, sondern unsere Landwirtschaft. Sie ist nicht nur systemrelevant, weil sie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sichert - die Corona-Pandemie hat uns das deutlich vor Augen geführt. Die in der Landwirtschaft herrschenden Bedingungen prägen auch unsere Kulturlandschaft, den Zustand unserer Umwelt und die Lebensbedingungen im ländlichen Raum, auch dies hat Systemrelevanz“, so der Agrarminister. „Es ist zu kurz gedacht, im Lebensmittel- und Agrarbereich allein auf Vertragsfreiheit und Marktwirtschaft zu pochen. Deutschland nimmt für sich in Anspruch, eine soziale Marktwirtschaft zu sein, die beim Versagen des Marktes, ordnungspolitisch gegensteuert. Das müssen wir hier tun, um die Bäuerinnen und Bauern als – in dieser Kette – schwächstes Glied zu schützen. Das heißt auch, sich durch eine auf regionalen Verbrauch ausgerichtete Landwirtschaft von Weltmarktpreisen lösen zu können. Denn dieser Preiskampf ist nicht zu gewinnen.“